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Das entsetzliche Ersticken der Fische wird derart gering geschätzt und gilt auf der moralischen Stufenleiter so wenig, dass es für gewöhnlich völlig unter den Essenstisch fällt und somit unerwähnt bleibt.


Während dem Ersticken der Fische ein moralischer Nullwert zugeordnet wird, finden die Strapazen der Fischer, die sie im Auftrag ihrer Kunden ersticken lassen, im HAMBURGER ABENDBLATT (16./17. Februar 2013, S. 18) durchaus Erwähnung.

Welche entsetzlichen Qualen die Fische beim Ersticken oder Erdrücktwerden gelitten haben, sieht man ihnen später auf dem Teller nicht an.
[Hinzugefügt 4.6.2013]




















Die Wochenendausgabe des HAMBURGER ABENDBLATT vom 29. November 2008 evoziert in ihrem Journal weihnachtliche Stimmung einmal nicht mit räuchernden Kerzen, sondern: mittels Räucherfisch. Wir mögen uns damit trösten wollen, dass jedem einzelnen dieser empfindenden Wesen mit einem Hämmerchen die Schädeldecke zertrümmert wird, bevor es die nachfolgende Behandlung erleben kann. Leidenschaftslos wie der sprichwörtliche Fisch, so wollen wir annehmen, geht der Aal dem Geräuchertwerden entgegen.

Auf das Ende ihrer Existenz mittels Hammerschlag warten die Milliarden und Billionen aus den Meeren gefischten Fische vergeblich. Ihr Los ist es, qualvoll zu ersticken. Wer Fisch kauft, zahlt dafür, dass die letzten Minuten von Milliarden empfindender Wesen  so aussehen wie nebenstehend zu sehen. Zeit ist Geld und Geld ist Leid, der summierte Todeskampf erstickender Fische längerwährend als menschliche Kultur.




















        Anstelle eines erstickten Fisches esse man einen Löffel Leinöl.

Alfred Polgar: Verkehrte Welt
In: Kreislauf. Kleine Schriften Band 2
Er fischte Fische, nein, Fischlein, Fischchen, oh, so ganz armselige, fingerlange, lächerlich magere Geschöpfe. Kein Gramm Fleisch an ihnen. Im Wasser waren sie gewissermaßen etwas, eine Bewegung, eine verflitzende, verfließende Ringelarabeske, ein Kreiswellchenmittelpunkt, außerm Wasser waren sie gar nichts. Dutzendweise riss er sie in die schnöde Luft, zerschlug ihnen die Köpfe an den Holzpfosten und schleuderte die Toten auf einen Haufen ins Gras. Wenn er fertig war, nahm er die Fischleichen und warf sie ins Wasser zurück. Dann bestieg er das Auto, und Schatten des Geschäftes senkten sich über seine Stirn.
Da kam mir der innige Wunsch: es einmal umgekehrt zu sehen. Einmal den Fisch zu sehen, wie er dicke Finanzmänner angelt, sie eine Weile strampeln lässt, ihnen den Kopf knallend an das Holzpflaster schlägt, sie auf einen Haufen schleudert und dann wieder wegrudert, indes Schatten des Fischgeschäftes über seine Glotzaugen sich senken. Ich erinnere mich eines Bildes im Bilderbuch: der Hase, das Gewehr an der Backe, brennt dem davonlaufenden Jäger eines auf den Pelz. O tiefsinnige Konzession an das Kind als an das Wesen, dessen Rechtsgefühl von der Praxis der Welt noch nicht verwirrt ist. Aus einem Quell mystischer Ursittlichkeit springt die kindliche Freude an dem Hasen, der den Jäger jagt."
[Hinzugefügt am 19.12.2009]


Italo Svevo schildert einen Lernprozess
"Den Fischen fehlt jede Kommunikationsmöglichkeit mit uns, und sie können daher nicht unser Mitleid erwecken. ... Ihr Schmerz, sofern es den überhaupt gibt, bleibt unter den Schuppen vollständig verborgen. [...] Und im trüben Wasser sah man den silbrigen Leib des stattlichen Tieres blinken. Nunmehr eilte es rasch und widerstandslos seinem Schmerz hinterher. Daher begriff ich nun auch den Schmerz des stummen Tiers, da dieses Dem-Tod-Entgegeneilen ihn förmlich hinausschrie. Bald lag der Fisch nach Luft schnappend zu meinen Füßen. [...] Zuvorkommend wie immer lenkte Guido das Boot ans Ufer. Er bot mir die Goldbrasse an, die ich gefangen hatte, aber ich lehnte ab. Ich schlug vor, sie ins Meer zu werfen und ihr die Freiheit wiederzugeben, was Luciano einen Protestschrei entlockte, während Guido gutmütig sagte: 'Wenn ich ihr Leben und Gesundheit wiedergeben könnte, würde ich das tun. Aber zu diesem Zeitpunkt taugt das arme Vieh nur noch für den Kochtopf!'"
Aus: Italo Svevo, Zenos Gewissen
[Eintrag 23.6.2009]



















           
                       Daubigny (1861)            
                       Die Freude der Fische über die Abreise des Bootsjungen

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