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Rückmeldung nach Probelektüre der Wochenzeitung DER FREITAG:
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Vielen Dank für ihre Nachfrage, der ich hiermit gern nachkomme.

Ich wähle ein einziges Thema aus, das die Ausgabe des FREITAG vom 2. Mai 2013 von der ersten bis zur letzten Seite betrifft. Auf Seite 1 lese ich:

„Kristina Schröder wollte Ministerin und Mutter sein, aber kein Rolemodel.“

Mit ROLEMODEL lehnen Sie sich an den englischen Ausdruck „role model“ an, der hier unter anderem folgende Bedeutungen haben kann: Vorbild, Vorbildcharakter, Vorzeigefrau, Identifikationsfigur. Warum Sie auf der Titelseite mit ROLEMODEL einen – kaum wiederzuerkennenden – englischen Begriff bringen, für den es im Deutschen eine Reihe präziser Entsprechungen gibt, ist mir unklar. Vielleicht fehlte dem Autor das passende deutsche Wort?

Auf Seite 6f erheben Sie unter der Überschrift HEUTE STARKER SHITSTORM Fäkaliensprache auf ausnehmend viel Platz zum Wochenthema (!). Es gibt in der Welt wahrlich bedeutendere Themen. Dabei zeigen Sie, dass Sie es auch besser können, indem Sie erläutern:
„’Shitstorm’, so lautet das griffige Branding für den Versuch einer virtuellen Horde, jemandem die Pest an den Hals zu wünschen.“ Sie erläutern einen völlig überflüssigen bis ekelhaften englischen Begriff, indem Sie den nächsten vollkommen überflüssigen bis angeberischen Begriff wählen: BRANDING. Naomi Klein schrieb ein tolles Buch zum Branding – aber was hat der Ausdruck hier zu suchen, da es doch „griffige Bezeichnung“ gibt. Und warum erläutern Sie „Shitstorm“, nicht aber „Branding“? Mit was für einer Leserschaft rechnen Sie? Und in der ersten Spalte zeigen Sie, dass ihnen ein deutscher Ausdruck für das unsägliche SHITSTORM zur Verfügung steht: „Flut von Diffamierungen“!
Als kleinere Zeitung wollen Sie sich doch angenehm von den anderen abheben – solche eine Zeitung vermutete ich hinter dem FREITAG. Warum machen Sie diese albernen Angebereien mit, wem wollen Sie imponieren?
Auf S. 6 lassen Sie dann einer Jana Hensel durchgehen: „Damals, also vor mehr als zehn Jahren, gab es noch so gut wie kein Internet.“ Als ich 1996 in die USA zog, war das Internet Teil des studentischen Alltags. 2003 war es dies auch in Deutschland.

Jetzt zu Seite 24: A–Z DNA. Warum die englische Abkürzung DNA und nicht die deutsche DNS? Ein einziges Mal auf der ganzen großen Seite, nämlich unter D, lese ich „digitale Daten in einem DNS-Molekül“. Wenige Worte später aber gebraucht derselbe Autor DNA. Warum? Wo bleibt da die Redaktion? DNA steht für deoxiribonucleic acid. Unter E lese ich: „Einer organischen Säurekette Egoismus zu unterstellen...“ Warum nun plötzlich doch „Säure“ auf Deutsch, nachdem man offenbar A für acid viel besser findet? Unter G schließlich die Auflösung für DNA: „Der Begriff kommt aus dem Englischen und steht für: Desoxyribonukleinsäure.“ Ich bin sprachlos! Die englische Abkürzung steht natürlich nicht für ein deutsches Wort, sondern für das englische Wort deoxiribonucleic acid. Der naturwissenschaftlich und linguistisch nicht so bewanderte Leser ist verwirrt. Nach der Lektüre hält er DNS für eine andere Substanz als DNA und weiß immer noch nicht, dass DNA für deoxiribonucleic acid steht. Bitte bedienen Sie sich künftig des Wortes Desoxyribonukleinsäure und der Abkürzung DNS.

Fazit: Haben Sie mehr Mut zum eigenen Profil, schmeißen Sie sich weniger dem an die Schulter, was in qualvoll bemühter Nähe zum sprachtodschicken (US-)Englischen so dahergeredet wird, mehr kritische Distanz!
Wozu auch nur der auf den ersten Blick unwichtig scheinende Verzicht auf Sprachmächtigkeit führen kann, hoffe ich vermittelt zu haben und erwarte Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichem Gruß
Karim Akerma
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[Hinzugefügt am 3. Mai 2013]

Sinn machen
In einer Zeit, in der im deutschen Sprachraum nichts mehr Sinn hat und kein Sinn mehr gestiftet wird, fällt es vielleicht umso leichter, Sinn zu machen. Irgendwann begreift der Erwachsene, dass das eigene Leben keinen Sinn macht. Dies ist für gewöhnlich der Zeitpunkt, zu dem sich bei ihm der Wunsch regt, gemeinsam mit dem Partner selbst Sinn zu machen: ein Kind zu zeugen, das fortan als Sinnbehälter dient und seinerseits als Erwachsener feststellen muss, dass das Leben keinen Sinn macht...
[Hinzugefügt 31. Januar 2012]



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